Kardiologie und Recht
Kardiologie und Recht

Interessenskonflikt bei Leitlinien

Demnach bestanden bei 19 von 21 Mitgliedern (90%; Spanne 0-35, Mittelwert 12) der Task Force – verantwortlich für die europäischen Leitlinien zur Diagnose und Behandlung der akuten und chronischen Herzinsuffizienz – COI (Conflict of Interest) mit der Industrie für die beiden Jahre vor der Veröffentlichung (2014/2015). Der federführende Autor der Task Force gab 33 und sein Stellvertreter 21 COI an.

Entgegen der Beteuerung, dass es sich bei den Zahlungen meist um Forschungsunterstützungen handle, wurden 70,4% der Zuwendungen als direkte Zahlungen an den Autor deklariert. 11,6% der Zahlungen gingen an die Institution des Empfängers, 0,4% entfielen auf Lizenzgebühren und 16,8% auf institutionelle bzw. 0,8% auf persönliche Forschungsunterstützung. Auch unter den 87 Gutachtern der Leitlinie waren nur 18 (21%) ohne COI mit der Industrie.

Eine ähnliche Verteilung fand sich bei den Leitlinien der ESC zur Behandlung von Vorhofflimmern (ebenfalls von 2016). 15 von 17 Autoren (88%) gaben einen COI an, im Mittel bestanden 12,3 COI (Spanne 1-32). Auch bei dieser Leitlinie sticht der federführende Autor der Leitlinien-Kommission mit 30 COI hervor. Gegenüber den Vorhofflimmern-Leitlinien aus dem Jahr 2010 hat sowohl der Anteil von Autoren mit COI insgesamt zugenommen (von 68% auf 88%) als auch die Zahl der COI pro Autor (von 8,7 auf 12,1). Auch der Anteil der Autoren, die persönliche Zahlungen von der Industrie erhalten haben, hat deutlich zugenommen (von 60% auf 82%).

Fazit: Nicht nur in US-amerikanischen Leitlinien zu soliden Tumoren, sondern auch in der europäischen Kardiologie haben die Verfasser klinischer Leitlinien in erheblichem Umfang Interessenkonflikte mit der Industrie (88-90% aller Autoren). Dies widerspricht nicht nur eklatant den heute international geltenden Prinzipien zum Umgang mit Interessenkonflikten in Leitlinien, sondern untergräbt auch die Glaubwürdigkeit derartiger Leitlinien.