Kardiologie und Recht
Kardiologie und Recht

Bundesärztekammer

Eine sehr gute Empfehlung zu §299a,b der Bundesärztekammer gibt es hier

Urteile 

- Ein Krankenhaus ist verpflichtet, ausreichende Angaben zum Grund der Krankenhausaufnahme mitzuteilen. Dies gelte insbesondere, wenn eine Leistung dem vertragsärztlichen Bereich vorenthalten werde. 

 

Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 18.07.2012, Az.: L 4 KR 15/10

Im Krankenhaus wurde eine vollstationäre Herzkatheteruntersuchung durchgeführt und die DRG F66Z (2008) abgerechnet. Das LSG stellte fest, dass zwischen den Parteien unstreitig sei, dass die Herzkatheteruntersuchung in der Regel Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung und daher ambulant durchzuführen sei. Die Krankenkasse beauftragte den MDK, der bei periinterventionell erhöhtem RR einen Belegungstag für nachvollziehbar hielt. Die Forderung des Krankenhauses wäre nur fällig geworden, wenn alle erforderlichen Angaben vom Krankenhaus gemacht worden wären. Die hier durchgeführte Herzkatheteruntersuchung sei der vertragsärztlichen ambulanten Versorgung zugewiesen und könne nur in begründeten Ausnahmefällen stationär erbracht werden. Aus den Akten der Beklagten seien keine Angaben der Klägerin zu ersehen, die einen stationären Aufenthalt rechtfertigen könnten. Im Sinne von § 301 Abs. 1 Nr. 3 SGB V fehlten daher Informationen über den Grund der stationären Aufnahme und damit eine der zentralen Angaben, die eine Krankenkasse für die ordnungsgemäße Abrechnung zur Prüfung benötige. Die Forderung der Klägerin sei daher nicht fällig geworden. Das Krankenhaus könne die fehlenden Angaben auch nicht später nachholen.

 

- Das Wirtschaftlichkeitsgebot zwingt Krankenhäuser bereits bei der Behandlungsplanung dazu, die Möglichkeit wirtschaftlichen Alternativverhaltens zu prüfen und ggf. zu nutzen. Krankenhäusern ist es verwehrt, vorzeitige („blutige“) Entlassungen im betriebswirtschaftlichen Eigeninteresse vorzunehmen, um z.B. durch ein planvolles, medizinisch überflüssiges Fallsplitting Zusatzeinnahmen zu erzielen.

Die Krankenhäuser können nur die Vergütung beanspruchen, die bei fiktivem wirtschaftlichem Alternativverhalten angefallen wäre.

 

BSG, Urteil vom 10.03.2015, B 1 KR 3/15 R

Das gilt etwa, wenn statt mehrerer stationärer Aufenthalte gleichwertig auch die Behandlung in einem Block möglich ist, wie jetzt das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschied.

Eine Klinik in Hamburg hatte eine bei der AOK versicherte Frau wegen eines duktalen Karzinoms behandelt. Für eine brusterhaltende Operation und Nachresektion war sie zunächst vom 5. bis 7. Dezember 2008 im Krankenhaus.

Die histologische Untersuchung des entnommenen Gewebes bestätigte das Vorliegen eines weiteren Karzinoms. Am 19. Dezember 2008 nahm das Krankenhaus die Frau daher nochmals auf, operierte sie noch am selben Tag und entließ sie am 24. Dezember 2008.

Für die erste Behandlung berechnete das Krankenhaus 2019 Euro, für die zweite Behandlung 4021 Euro. Die AOK schaltete den Medizinischen Dienst ein, um zu prüfen, ob ein unzulässiges "Fallsplitting" vorliegt.

 

Der MDK hat dies bejaht. Die Behandlung sei bei der ersten Entlassung am 7. Dezember 2008 noch nicht beendet gewesen. Daraufhin bezahlte die AOK nur insgesamt 3981 Euro.

Sozialgericht und Landessozialgericht (LSG) Hamburg hatten gemeint, das Krankenhaus sei nicht verpflichtet gewesen, lediglich einen Fall abzurechnen.

Unter Hinweis auf das Wirtschaftlichkeitsgebot hob das BSG diese Urteile nun auf und verwies den Streit an die Vorinstanz zurück.

Die Patientin habe Anspruch auf eine "erforderliche, wirtschaftliche Krankenhausbehandlung" gehabt. Damit korrespondiere der Vergütungsanspruch des Krankenhauses.

"Behandelt ein Krankenhaus einen Versicherten unwirtschaftlich, hat es lediglich Anspruch auf die Vergütung, die bei fiktivem wirtschaftlichem Alternativverhalten anfiele."

Im Streitfall soll daher nun das LSG Hamburg klären, ob hier gleichwertig auch eine Behandlung während nur eines, gegebenenfalls längeren Aufenthalts möglich gewesen wäre.

Wenn ja, "musste die Klägerin die kostengünstigere Behandlung wählen", betonte das BSG.

 

Für die Kardiologie bedeutet es, das übliches Fallsplitting bei zweizeitigen Eingriffen nicht als zwei verschiedene Eingriffe abgerechnet werden dürfen, sondern nur als einer. 

 

- Krankenhäuser haben das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten.

Das Wirtschaftlichkeitsgebot zwingt Krankenhäuser, bei der Behandlungsplanung die Möglichkeit wirtschaftlichen Alternativerhaltens zu prüfen. Wählt das Krankenhaus einen unwirtschaftlichen Behandlungsweg, kann es allenfalls die Vergütung beanspruchen, die bei fiktivem wirtschaftlichem Alternativerhalten angefallen wäre.

 

Urteil des BSG vom 01.07.2014, B 1 KR 62/12 R

Das Krankenhaus behandelte eine Patientin vom 05.-15.11.2004 wegen eines akuten Herzinfarkts. Es plante eine Linksherzkatheteruntersuchung mit Koronarangiographie, für die eine Krankenhausaufnahme vom 22.11.2004 bis zum 24.11.2004 vorgesehen war. Die Patientin wurde dementsprechend in diesem Zeitraum erneut vollstationär aufgenommen.

Das Krankenhaus berechnete für die erste Behandlung die DRG-Fallpauschale F60B und für die zweite Behandlung die F41B. Der von der Krankenkasse eingeschaltete MDK hielt lediglich die DRG F41B für den zweiten Krankenhausaufenthalt für gerechtfertigt. Die Krankenkasse ging davon aus, dass die Patientin allein aus wirtschaftlichen Gründen vorzeitig entlassen worden sei, um die eigentlich bereits indizierte Diagnostik in einem zweiten Aufenthalt durchzuführen.

 

Das BSG hält eine Prüfung des Krankenhauses für notwendig, ob sich eine wirtschaftlichere Alternative zur tatsächlichen eingeschlagenen Behandlungsweise angeboten hätte. Unstreitig sei, dass die Patientin wegen Herzinfarkts eine stationäre Krankenhausbehandlung einschließlich einer Linksherzkatheteruntersuchung mit Koronargiographie bedurfte (wegen dem akuten Herzinfarkt, sonst wäre von der Klinik zu prüfen gewesen, ob die LHK Untersuchung nicht auch ambulant hätte durchgeführt werden können).

Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen des BSG ist das Wirtschaftlichkeitsgebot, das nach § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1, § 70 Abs. 1 SGB V für alle Leistungserbringer gilt. Danach trifft die Krankenhäuser die Pflicht, nur solche Leistungen zu bewirken, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind und die das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.

Daraus folge, dass Krankenhäuser nur Vergütungsansprüche für eine wirtschaftliche Behandlung haben. 

Der Nachweis der Wirtschaftlichkeit erfordere, dass bei Existenz verschiedener gleich zweckmäßiger und notwendiger Behandlungsmöglichkeiten die Kosten für den gleichen zu erwartenden Erfolg geringer oder zumindest nicht höher sind (BSG, a.a.O., Rdz. 24).

Bezogen auf den konkreten Fall stellt das BSG fest, dass das Krankenhaus prüfen musste, ob verschiedene gleich zweckmäßige und notwendige Behandlungsmöglichkeiten bestanden. Das Krankenhaus müsse die Kosten von Alternativen für den hiermit zu erzielenden gleichen zu erwartenden Erfolg miteinander vergleichen und den dann kostengünstigeren Weg wählen. Z.B. hätte das Krankenhaus prüfen müssen, ob die Gesamtbehandlung innerhalb eines einzigen Behandlungszeitraums hätte erfolgen können.

Mit diesem Urteil hat das BSG eine Grundsatzentscheidung zur Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V gefällt. § 12 Abs. 1 Satz 2 lautet: „Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.“

 

 

Die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes kann gebieten, dass ein Patient anstelle einer Entlassung beurlaubt werden muss. Eine Beurlaubung setzt nach § 1 Abs. 7 FPV eine bereits zum Zeitpunkt der Unterbrechung der Krankenhausbehandlung beabsichtigte Wiederaufnahme in das Krankenhaus voraus. Entgegenstehende landesvertragliche Regelungen nach § 112 Abs. 1 SGB V sind nichtig.

 

BSG, Urteil vom 28.03.2017, Az.: B 1 KR 29/16 R

Im Krankenhaus der Klägerin wurde ein Patient zur Durchführung einer Ureterorenoskopie vom 31.03. bis 04.04.2011 aufgenommen (1. Behandlungsepisode). Wegen bösartiger Neubildung der Niere wurde dem Patienten die Teilresektion der linken Niere vorgeschlagen. Der Patient wollte eine Zweitmeinung hierzu einholen, so dass die Wiederaufnahme für den 14.04.2011 vorgesehen wurde. Der Patient wurde sodann am 14.04.2011 wieder aufgenommen, die Operation wurde am 15.04.2011 durchgeführt und der Patient am 22.04.2011 wieder entlassen (2. Behandlungs­episode).

Die Klägerin stellte für die 1. Behandlungsepisode die DRG L20C und für die 2. Behandlungsepisode die DRG L13A in Rechnung.

Infolge einer Prüfung durch den MDK vertrat die beklagte Krankenkasse die Auffassung, es sei nur ein Behandlungsfall mit der DRG L13A abzurechnen. Es läge ein unzulässiges Fallsplitting vor. Die Beurlaubungsregelung nach § 1 Abs. 7 Satz 5 FPV führe zur Abrechnung eines Behandlungsfalles.

Zunächst stellt das BSG in einem ersten Schritt formal fest, dass die Krankenhausabrechnung sachlich-rechnerisch richtig ist. Die sachlich-rechnerische Richtigkeit einer Abrechnung ist ausschließlich am tatsächlichen Behandlungsverlauf zu messen. Hypothetische Geschehensabläufe spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle. Insbesondere stellt sich an dieser Stelle nicht die Frage eines „wirtschaftlichen Alternativverhaltens“.

Das sog. „wirtschaftliche Alternativverhalten“ spielt in einem zweiten Schritt bei der Beurteilung eine Rolle, ob das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 Abs. 1 SGB V eingehalten wurde.

Im Anschluss an diese Ausführungen stellt das BSG die formal richtige Abrechnung des Krankenhauses unter dem Gesichtspunkt der Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots auf den Prüfstand. Zunächst schließt es anhand des tatsächlichen Abrechnungsgeschehens Fallzusammenführungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 FPV (2011) aus.

Es geht allerdings von einer Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots aus, da anstelle einer Entlassung eine Beurlaubung angezeigt gewesen wäre. Das Krankenhaus hätte den Versicherten zur Einholung einer ärztlichen Zweitmeinung beurlauben müssen, anstatt ihn zu entlassen. Ein Krankenhaus hat stets, auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen, einen Vergütungsanspruch gegen die Krankenkassen nur für eine erforderliche wirtschaftliche Krankenhausbehandlung (vgl. § 12 Abs. 2 SGB V sowie § 2 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 3, § 70 Abs. 1 SGB V – BSG, a.a.O., Rdz. 21). Soweit die Behandlung kostengünstiger durch einen stationären Aufenthalt statt durch zwei stationäre Behandlungsepisoden tatsächlich möglich ist und medizinische Gründe nicht entgegenstehen, hat das Krankenhaus seine Behandlungsplanung zwingend daran auszurichten.

 

Für die Kardiologie heisst das, dass wenn man die Wahl medizinisch zwischen zweizeitigen Eingriffen oder in einem Aufenthalt hat, dann muss man den Eingriff in einem Aufenthalt durchführen, weil dann das Wirtschaftlichkeitsgebot greift. 

 

 

-Krankenkassen müssen nicht für die Kosten von stationären Behandlungen aufkommen, wenn die Behandlungen ambulant erfolgen können - selbst wenn sie günstiger sind.

Das hat der 1. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts in Chemnitz in mehreren Urteilen (Az. L 1 KR 244/16, 233/16, 257/16, 23/17, 49/17 und 50/17) in zweiter Instanz entschieden.

Dies gelte grundsätzlich, sagte ein Sprecher des Gerichts auf Nachfrage. Die Urteile waren bereits am 30. Mai 2017 gesprochen, aber erst jetzt mit Begründung veröffentlicht worden.

Im konkreten Fall ging es um Klagen des Klinikums Chemnitz. Dort waren Patienten stationär mit einer Chemotherapie behandelt worden. Die Übernahme der Kosten war von der Krankenkasse abgelehnt worden mit der Begründung, dass die Behandlung auch ambulant hätte erfolgen können. Dagegen hatte das Krankenhaus vor dem Sozial­gericht geklagt.

Das Klinikum argumentierte, dass ein komplikationsloser Verlauf der Chemotherapie nicht absehbar gewesen sei und zudem die Therapie als stationäre Behandlung günstiger sei als eine ambulante Behandlung.

 

Weder das Sozialgericht noch Landessozialgericht folgten dem. „Nach der Konzeption des Gesetzgebers sei die ambulante vertragsärztliche Versorgung vorrangig zu nutzen“, teilte das Landessozialgericht mit. In den entschiedenen Fällen handele es sich um eine Fehlbelegung, weil es keine medizinischen Erfordernisse für eine vollstationäre Krankenhausbehandlung gegeben habe.

 

 

- Ein Krankenhaus ist verpflichtet bei Leistungen der Kategorie 2 (ambulante oder stationäre Durchführung) des AOP-Vertrages den Grund der stationären Aufnahme gegenüber den Krankenkassen anzugeben

Urteil des BSG vom 21.03.2013, Az.: B 3 KR 28/12 R

Im Krankenhaus wurde eine Herzkatheteruntersuchung vollstationär durchgeführt. Dabei handelt es sich um eine Leistung nach Kategorie 2 des AOP-Vertrages, die sowohl ambulant als auch stationär durchgeführt werden kann. Die beklagte Krankenkasse beauftragte den MDK, der zum Ergebnis kam, dass eine stationäre Behandlung von einem Tag nachvollziehbar sei. Die Krankenkasse zahlte jedoch nicht. Sowohl das SG als auch das LSG haben die Klage abgewiesen.

Im Anschluss an die grundlegende Entscheidung des BSG vom 16.05.2012 (Az.: B 3 KR 14/11 R) geht der 3. Senat davon aus, dass auch für die Leistungen der Kategorie 2 des AOP-Vertrages (ambulante oder stationäre Leistungen) der Grund der stationären Aufnahme gemäß § 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V anzugeben ist. Die Forderung des Krankenhauses werde erst fällig, wenn der Grund der Krankenkassen mitgeteilt wurde.

 

-Ein Patient muss vor einem Kathetereingriff ausführlich und richtig aufgeklärt werden, selbst ein Verzicht des Patienten befreit davon nicht

Urteil des BSG vom 9.10.2010 I- 8 U 96/09

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen sowie alle zukünftigen immateriellen Schäden infolge der am 06.06.2006 durchgeführten Herzkatheteruntersuchung zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.

 

-Ein Privatpatient muss vom Chefarzt operiert werden - Vertretung ist nicht zulässig

Wer im Krankenhaus Chefarztbehandlung vereinbart, darf nicht einfach von einem anderen Arzt operiert werden. Ob der Eingriff korrekt durchgeführt wird, spielt da­bei keine Rolle. Das stellt der Bundesgerichtshof (BGH) in einem heute veröffentlichten Urteil (Az. VI ZR 75/15) klar. Einem Patienten, der nach einer Hand-OP gesundheitliche Probleme hat, steht damit möglicherweise Schmerzensgeld zu.

Die Klinik war der Ansicht, dass das im Ergebnis keinen Unterschied macht, weil bei der OP nachweislich keine Fehler passierten. Nach Auffassung der Karlsruher Richter war der Eingriff wegen der fehlenden Einwilligung aber von vornherein rechtswidrig. Die Klinik habe das Vertrauen des Patienten enttäuscht. Das könne nicht sanktionslos bleiben.